Themen
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Antriebssysteme & Kraftstoffe
Emissionsarme Schifffahrt: Welche Wege zeichnen sich ab?
Die Eindämmung des Klimawandels ist eine globale gesellschaftliche Herausforderung und erfordert massive Veränderungen, nicht zuletzt im Verkehrssektor. Die Verbrennung fossiler Brennstoffe stellt aufgrund der damit verbundenen CO2-Emissionen die Hauptursache für die globale Erwärmung dar. In Verbindung mit der Notwendigkeit, den Ausstoß gesundheits- und umweltschädlicher Luftschadstoffe zur Steigerung der lokalen und regionalen Luftqualität zu verringern, sind erhebliche Anstrengungen erforderlich, um die Umweltverträglichkeit von Binnenschiffen zu verbessern. Dementsprechend ist die Notwendigkeit eines Übergangs zu alternativen Energiequellen weitgehend anerkannt.
Auch wenn heute viele nicht-fossile Energieträger und Energiewandler bekannt sind, ist es unwahrscheinlich, dass sich eine einzelne Technologie kurz- bis mittelfristig durchsetzen wird, wie es beispielsweise bei der Dampfmaschine und ihrer weitgehenden Ablösung durch den Dieselmotor der Fall war. Umweltfreundliche Alternativen sind heute in fast allen Anwendungen mit einem wirtschaftlichen Mehraufwand verbunden und führen zu zusätzlichen Anforderungen und Risiken. Um die wirtschaftliche und betriebliche Durchführbarkeit zu optimieren, ist ein gründliches Verständnis der Technologien und die Abstimmung der technischen Lösungen auf die Anforderungen der jeweiligen Anwendung wichtig. Gleichzeitig ist der Sektor der Binnenschifffahrt zu klein, um selbst grundlegende Technologieentwicklungen voranzutreiben. Daher sind die Beobachtung der Entwicklung in anderen Sektoren und die Identifikation möglicher Synergien essentiell.
Vor diesem Hintergrund ist eine ganzheitliche und interdisziplinäre Betrachtung von Technologien für Antriebsanlagen und das Energiemanagement an Bord von Schiffen erforderlich. Hierzu gehören v. a. folgende Fragestellungen:
- Bei welchen Technologien kann die Binnenschifffahrt von Entwicklungssprüngen in anderen Sektoren profitieren?
- Wie sehen die Kostenstrukturen und die Verfügbarkeit alternativer Kraftstoffe aus?
- Inwiefern sind die Systeme und Konzepte technisch ausgereift?
- Wie steht es um die Sicherheit bei der Anwendung neuer Technologien?
- Welche zusätzlichen Anforderungen an die Ausbildung von Besatzung und Landpersonal sind erforderlich?
- Inwiefern sind Standardisierungen von Komponenten und Schnittstellen und damit Kostensenkungen möglich?
- Inwiefern sind die Konzepte für Nachrüstungen bzw. Neubauten geeignet?
- Inwiefern sind Anpassungen und Weiterentwicklungen der entsprechenden Regularien und Vorschriften nötig?
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Innovative Schiffskonzepte
Klimawandel, Automatisierung und Logistik: Welche Lösungen bieten innovative Schiffskonzepte?
Vor dem Hintergrund des Klimawandels und der Zunahme an Niedrigwasserereignissen gewinnen innovative Schiffskonzepte mit verbesserter Niedrigwassertauglichkeit zunehmend an Bedeutung. Als besondere Herausforderung gilt dabei das Ziel, die Schiffe nicht nur für Niedrigwassersituationen zu optimieren, sondern möglichst universell einzusetzende Schiffe zu entwickeln, die sowohl bei Niedrigwasser, als auch bei „normalen“ Wasserständen wettbewerbsfähig eingesetzt werden können. Hierzu kommen grundsätzlich verschiedene technische Ansätze in Frage, z.B. Änderungen der Hauptabmessungen oder die Nutzung von Leichtbaustrukturen. Darüber hinaus forcieren Personalmangel und Kostendruck die Entwicklungen hin zu einer stärkeren Automatisierung von Schiffsführung und Schiffsbetrieb. Gleichzeitig unterstreichen die Bedarfe der verladenden Wirtschaft die Forderung nach kleineren und flexiblen Schiffen.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, inwiefern neue und innovative Schiffskonzepte dazu beitragen können, diese Herausforderungen zu meistern. Konkret geht es dabei u.a. um folgende Aspekte:
- Welchen Beitrag können innovative Leichtbaukonzepte leisten? Welche Anforderungen sind zu erfüllen, z.B. in Bezug auf Festigkeit, Schwingungen, und Kostenstrukturen?
- Inwiefern können flachgehende Schiffe bei variablen Wasserständen wettbewerbsfähig betrieben werden? Welche Antriebskonzepte sind dabei von Bedeutung?
- Welche Auswirkungen haben Automatisierung und die Forderung nach kleineren, flexiblen Schiffen auf die Schiffsentwürfe?
Dieses Spektrum skizziert die Richtung der weiteren Schritte.
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Automatisierung
Automatisiertes Fahren: Wann fahren die Schiffe autonom?
Der Mangel an qualifiziertem nautischem Personal und die Anforderungen der Wirtschaft z. B. in Form kleinerer Partiegrößen und entsprechend kleineren Schiffen verschärfen den Kosten- und Wettbewerbsdruck in der Binnenschifffahrt. Digitalisierung und Automatisierung bieten die Chance, diesen Herausforderungen mit innovativen Konzepten und Lösungen zu begegnen und die Binnenschifffahrt zukunftsfähig zu gestalten.
Unter anderem folgende Fragen skizzieren diesen Pfad:
- Welche Technologien werden für eine Automatisierung der Schiffsführung benötigt? Welche Zwischenschritte werden wann erreicht?
- Wie kann das hohe Sicherheitsniveau der Binnenschifffahrt auch bei automatisierter Fahrt gewährleistet werden?
- Wie gelingt die Interaktion mit konventionellem Verkehr?
- Inwiefern lassen sich die notwendigen Entwicklungen durch Technologietransfer aus anderen Branchen wie z. B. dem Automotive-Sektor beschleunigen?
- Welche weiteren Arbeiten und Aufgaben an Bord kommen für eine Automatisierung in Frage?
- Inwiefern sind Anpassungen und Weiterentwicklungen der entsprechenden Standards, Regularien und Vorschriften nötig?
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Transportlogistik und Umschlagskonzepte
Intermodale Transporte. Wie kann die Binnenschifffahrt von innovativer Logistik profitieren?
Seit Jahren verstärkt sich der Güterstruktureffekt, der zu einer Abnahme des klassischen Ladungssegments Massengut und perspektivisch zu kleineren Ladungsmengen führt. Dabei gelten kleinere Schiffe und Automatisierung als zukunftsorientierte Ansätze, um diesen Herausforderungen zu begegnen. Darüber hinaus bietet auch der Umschlag erhebliche Potentiale zur Automatisierung und Senkung der Kosten intermodaler Transportketten.
Andererseits wird im Rahmen der Energiewende erwartet, dass regenerativ erzeugte Energieträger, wie z. B. Wasserstoff bzw. entsprechende Transport- und Speichermedien, wie z. B. Ammoniak, eine zusätzliche Transportnachfrage auslösen, die in Teilen grundsätzlich für einen Transport per Binnenschiff in Frage kommt. Auch der Transport von CO2, z. B. im Rahmen einer potenziellen zukünftigen CCS-Anwendung (Carbon Capture and Storage), kommt im Grundsatz für einen Binnenschiffstransport in Frage. Offen ist hingegen, inwieweit diese Potenziale für die Binnenschifffahrt erschließbar sind.
Im Zuge des Klimawandels nehmen gleichzeitig Extremwetterlagen mit Auswirkungen auf alle Verkehrsträger zu. Diese Entwicklungen erfordern eine zunehmende Vernetzung und Interoperabilität zwischen den Verkehrsträgern um weiterhin zuverlässige Transporte zu ermöglichen.
Die skizzierten Herausforderungen sind enorm; sie verlangen nach innovativen und flexiblen Lösungen. Dabei nimmt die Logistik bei der Gestaltung nachhaltiger und resilienter Konzepte eine Schlüsselrolle ein. Zahlreiche Fragen sind hierbei zu berücksichtigen:
- Wie sieht der Transportmarkt in 10, 20 oder 30 Jahren aus? Welche Anforderungen werden in Zukunft dominieren? Wie schnell vollzieht sich der Wandel? Wieviel Zeit bleibt für die Entwicklung neuer Konzepte?
- Wo sehen sich Binnenschifffahrt und Logistik in diesen Zeitskalen?
- Welche Angebote und welche Änderungen sind notwendig? Welche Lösungen kann die Logistik beitragen?
- Wer übernimmt die Initiative und gestaltet den Wandel? Binnenschiffsoperateure? Verlader? Spediteure? Logistikdienstleister? Andere?